Die Region Stuttgart arbeitet an der Fortschreibung des Regionalplanes für Windkraftnutzung. Hierzu hat sie einem Planentwurf mit Vorranggebieten für Standorte regional bedeutsamer Windenergieanlagen ausgearbeitet. Wir haben bereits in unserem Beitrag „Der Windwahn greift um sich – Planungen laufen auf Hochtouren“ darüber berichtet.
Gegenüber dem bisherigen Vorgehen der Region, bei dem die Planentwürfe bereits frühzeitig auf der Homepage einsehbar waren und mit Veranstaltungen in der Öffentlichkeit begleitet wurden, geht man nun einen anderen Weg. Der bisherige Stand der sogenannten Suchlaufplanung wurde zunächst den Gemeinden zur Stellungnahme vorgelegt. Nachdem diese ihre Entscheidung zu den Standorten abgegeben haben, konkretisiert die Regionalversammlung die Planungen nochmals.
Voraussichtlich ab Oktober dürfen die Öffentlichkeit, die Gemeinden und die Träger öffentlicher Belange Stellung nehmen. Hierzu bekommen sie 6 Wochen Zeit. Die Region Stuttgart verspricht, dass die vorgebrachten Anregungen in die letztliche Entscheidungsfindung einbezogen werden. Der Verein Mensch Natur hält es für wichtig, dass die Bürger selbst Stellung nehmen, wenn sie ihre Heimat und ihre Naturräume schützen wollen.
Für die betroffenen Gemeinden würde die Planung im Schurwald nach dem hier gezeigten, von uns nach Google Earth übertragenen Ausschnitt aus der Suchlaufkarte der Region Stuttgart ausgeführt werden. Mit dieser Suchlaufkulisse mit Stand vom April 2023 wurden die Gemeinden angeschrieben und sie haben bereits Stellung genommen. Die Bürger wurden bisher noch nicht umfassend informiert.
Da nicht auszuschließen ist, dass im Zuge des politischen Drucks in der Folge alle möglichen Standorte für Investoren zur Verfügung stehen, die im Potentialatlas für Windkraft mit der entsprechenden Leistungsdichte in 160 m über Grund aufgeführt sind, haben wir für die von der Region Stuttgart vorgeschlagenen Standorte Visualisierungen auf Google Earth gemacht. Wir platzierten gemäß den Vorgaben im Windpotentialatlas für Baden-Württemberg in allen Suchlaufgebieten Windindustrieanlagen mit 250 m Gesamthöhe, beziehungsweise auch mit 300 m Gesamthöhe, als bekannt wurde, dass die zukünftigen Maschinen noch höher ausfallen werden. Wir haben im Beitrag „Der Turmbau zu Babel“ darüber berichtet.
Wir sind zu der Überzeugung gelangt, dass dieser Ausbau ein Frevel an der Bevölkerung und der Natur bedeutet, zumal nach unseren Gutachten im Schurwald ein besonders wertvolles Gebiet für Greife, Vögel und Fledermäuse vorliegt. Die Artenvielfalt ist grandios und es finden sich viele geschützte Arten.
Um die Bürger in diesen Prozess einzubeziehen, veranstaltet der Verein Mensch Natur im Vorfeld Informationsabende, bei denen Kenner der Materie die Menschen aufklären wollen, was diese Planungen zur Energiewende für Konsequenzen auf Mensch, Natur und Umwelt, aber auch für die Energieversorgung haben.
Der erste Abend findet im Bürgersaal von Birenbach statt. Am 29. September, um 19:00 Uhr spricht Betriebswirt (VWA) und Flieger Hansjörg Jung als Verfahrensbeteiligter in Sachen Luftfahrt und Naturschutz.
In einer weiteren Veranstaltung erklärt Prof. Dr. Michael Thorwart, Fachbereich theoretische Physik an der Universität Hamburg, die Auswirkungen auf unsere Energieversorgung und zeigt Alternativen zum jetzigen eingeschlagenen Weg. Der Termin und auch der Ort liegen noch nicht fest. Wir werden Sie dahingehend informieren.
Nachfolgend ein Abriss der Veranstaltung:
Die Veranstaltung war gut besucht. Es kamen interessierte Bürger aus Birenbach, Adelberg, Wäschenbeuren. Sogar aus dem Remstal bei Plüderhausen, Walkersbach oder auch aus Lichtenwald im Schurwald. Selbst aus Gruibingen waren welche gekommen, um sich zu informieren.
Die Vorsitzende des Vereins, Gerti Stiefel berichtete über die Planungen der Region Stuttgart im Schurwald und über die Auswirkungen auf Landschaft und Natur. Sie zeigte die maximal mögliche Bebauung mit den Maschinen im Schurwald auf und verglich dies mit der Kulisse der schon bestehenden Anzahl von Maschinen in Potsdam oder dem Ortsteil Dahl bei Paderborn.
Die Präsentation kann hier heruntergeladen werden:
Hansjörg Jung als Verfahrensbeteiligter im Sinne der öffentlichen Belange informierte die Besucher über die Technik der Windstromgewinnung. Er machte einen historischen Abriss und erklärte warum in Baden-Württemberg im Mittelalter kaum Windmühlen gebaut wurden. Als Kenner der Internas bei den Planungsbeteilitgten zeigte er auf, welche Unkenntnis, aber auch Ignoranz dort herrscht bezüglich der Schaffung und Einhaltung von Planungsvorgaben zu den neuesten Erkenntnissen der Auswirkung von Windstromgewinnung auf die umgebende Natur und die Menschen, wie Lärm, Entstehung und Verbreitung von Infraschall, Schattenschlag, des Einflusses der Bodenverdichtung auf den Wasserhaushalt und die Gefahrenabwehr bei Brand oder Havarie.
Auch wies er darauf hin, worauf die Gemeinden bei der Abwägung der Belange achten sollten in der Diskussion mit den Planungsbeteiligten. Angefangen von einer richtigen Einschätzung und Überprüfung der Windgutachten, über die Einhaltung von Abstandsbedingungen zu geschützten Vogelarten, wie sie in neueren Erkenntnissen der Vogelschutzwarten und Naturschutzverbänden festgeschrieben wurden, wie dem Helgoländer Papier der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten. Auch sollte man ein Wasserschutzgutachten zur Verdichtung des Bodens im Bereich der Zuwegung und des Fundamentes fordern. Den Rückbau der Fundamente und Zuwegungen, die Beschränkung der Höhe der Anlagen und die Anzahlbeschränkung sollte bedacht werden. Auch besteht für die Art dieser Maschinen in der freien Landschaft keine spezifische Normierung zur Einhaltung von Lärmschutzbedingungen. Die angewendete Technische Anleitung (TA) Lärm sei veraltet. Es müssten in jedem Falle Lärmmessungen folgen.
Hansjörg Jung bemängelte, dass die Gutachten vom Antragsteller beauftragt werden und es keine unabhängigen Gutachterstellen gibt, die hier eine Gegenprüfung vornehmen könnten. Damit werden die Menschen und der Naturschutz von der Politik im Stich gelassen.
Auch ging er auf die notwendige Netzsteuerung zur stabilen Stromversorgung ein. Für jedes Windrad muss ein gleichwertiges regelbares Reservekraftwerk geschaffen werden. Als Beispiel nannte er das sogenannte Netzregelkraftwerk Marbach am Neckar, das die Steuerung bei Flaute mittels Stromerzeugung aus der Verbrennung von Öl übernimmt. Diese Kraftwerke müssen ständig im Standby bereitgehalten werden. Dies bedeutet immense Kosten zum Nachteil der Verbraucher. Sein Fazit: Es nutzt nichts, die Augen zu verschließen und schneller zu rennen. Wir müssen innehalten, nachdenken und es besser machen.
Anschließend entstand noch eine lebhafte Diskussion darüber, wie man denn der Politik und den Menschen klar machen könnte, dass die Beschleunigung des Windkraftausbaus angesichts der vielen Nachteile zu stoppen wäre.
Wir danken allen Helfern, der Gemeinde Birenbach und den Vortragenden, die diese Veranstaltung möglich machten.
Der Verein Mensch Natur hat hierzu Flyer ausgelegt. Hier können Sie diese herunterladen.
Flyer zum Verein:
Flyer zu den Planungen der Region im Schurwald: