Es wird an den visionären Vorgaben unserer politischen Eliten nicht mehr gerüttelt: Effektive, steuerbare Stromerzeuger sollen aus dem Verkehr genommen werden. Atomstrom will man nicht mehr, Kohlestrom auch nicht.

Können aber zur Not moderne Gaskraftwerke die Abschaltung eines Kernkraftwerkes übernehmen? Dieser Frage ist der Verein Mensch Natur nachgegangen und hat überschlägig durchgerechnet, welche Mengen an Gas für den Ersatz von Kernbrennstoff notwendig wären, um ein Kernkraftwerk (KKW) zu ersetzen, bzw. die Stromlücke mit Gaskraftwerke (GKW) zu schließen, die daraus resultiert.

Dazu betrachten wir exemplarisch das Das KKW Neckarwestheim II, das in 2021 die Mengs von 11,2 Terrawattstunden (TWh) Strom erzeugt hat, das sind unvorstellbare 11,2 Millionen Megawattstunden (11.200.000 MWh). Die installierte Generatorenleistung beträgt 1.400 MW. Daraus ergibt sich ein Auslastung von 8.000 Vollaststunden (VLh).

Anhand der Aussagen aus dem Energie-Lexikon lässt sich der Erdgasverbrauch leicht überschlägig berechnen:

"Die von einem Gaskraftwerk verbrauchten Gasmengen lassen sich einfach abschätzen. Wenn ein Kraftwerk beispielsweise 500 MW elektrischer Leistung abgibt und einen Wirkungsgrad von 50 % hat, entspricht sein Gasverbrauch einer Leistung von 1000 MW, also einer Million Kilowattstunden pro Stunde. Da Erdgas z. B. in L-Gas-Qualität einen Heizwert von ca. 11,4 kWh/m3 hat, entspricht dies einem Gasverbrauch von ca. 88 000 m3 (bei Normdruck) pro Stunde."

Je 1 MWh ergibt das einen Gasverbrauch von 176 m³, wie beschrieben bei einem Wirkungsgrad von 50 %. Bei 40 % Wirkungsgrad sind das 220 m³ je 1 MWh!

Derzeit ist ein Gaskraftwerk (GKW) modernster Bauart in Irsching/Bayern als neue Netzreserve "Irsching Block 6" demnächst vor der Fertigstellung. Entsprechende Daten dazu finden Sie im "Genehmigungsverfahren nach § 16...pdf", mit weiteren interessanten Angaben auf Seite 2.

Dieses GKW mit einer Nennleistung von 320 MW  benötigt eine zugeführte Leistung durch Erdgas von 800 MW. Daraus ergibt sich ein Wirkungsgrad von 40 % ergibt (siehe auch oben). Dieses Kraftwerk ist für maximal 1.500 Vollaststunden pro Jahr ausgelegt.

Wollte man das KKW Neckarwestheim durch Gaskraftwerke Typ "Irsching Block 6" ersetzen, so wäre dafür ein Gasverbrauch wie folgt notwendig:

11.200.000 [MWh] x 220 m³/[MWh] = 2.464.000.000 m³ Erdgas, also rund 2,5 Mrd. m³ pro Jahr

Aufsummiert auf die noch laufenden KKW ersetzen diese also rund 7,5 Mrd. m³ Gas pro Jahr und doppelt so viel (15 Mrd. m³), wenn die in 2021 abgeschalteten Kraftwerke wieder anfahren würden.

Zum Vergleich: Die gesamte Gasspeicherkapazität von Deutschland liegt bei 23 Mrd. m³. Diese Speicherkapazität ist ein Viertel des deutschen Jahresbedarfs an Gas für Industrie, Gewerbe und Privatverbraucher.

Kann unser Land sich das wirklich leisten, auf diese gasfreie Energiemengen aus KKW zu verzichten? Und das nur, weil der politische Wille unserer Eliten umgesetzt werden soll?

Es entsteht dabei noch ein anderes Problem. Die bisher vorhandenen Gaskraftwerke werden nicht ausreichen, die Lücke zu füllen.

Bei den oben erwähnten 1.500 Vollaststunden kommt ein 300 MW GKW vom Typ „Irsching“ auf 450.000 MWh. Damit ergibt sich die Anzahl der notwendigen GKW als Ersatz des abgeschalteten KKW Neckarwestheim II ab 2023:

11.200.000 : 450.000 = 25

Um 1 KKW zu ersetzen, müssten also 25 GKW ab dem 01. Januar 2023 verfügbar sein. Dabei müssten  5 Gasturbinen nahezu im Vollastbetrieb parallel Strom erzeugen, die sich nach jeweils 1.500 Stunden von den nächsten 5 ablösen lassen müssten, damit die Stromversorgung  über die Zeit von 7.500 VLh gesichert werden soll. Will man 3 weitere KKW ersetzen, dann benötigt man weitere 50 GKW. Und das Jahr hat 8.760 Stunden.

Da Kernkraftwerke dazu konzipiert sind, den Grundlastbedarf abzudecken, müssten noch weitere Netzregelkraftwerke zur Stabilisierung des Flatterstroms von Windkraftwerken und Sonnenkollektoren gebaut werden.

Die Aussichten sind also extrem düster, wenn man Deutschlands nahe Energiezukunft betrachtet. Da es auch im Wirtschaftsministerium mit Sicherheit einige Leute gibt, die diese einfachen Rechnungen beherrschen und auch wissen, wie lange es dauert, bis ein Kraftwerke fertiggestellt ist, kann es einem bei der politisch umgesetzten Vision, Angst und Bange werden.

Die deutschen Bürger werden irgendwann einmal bitter auf dem Boden der Realität aufschlagen müssen.

Siehe auch unser Beitrag "Energieknapphait - Gefahr für den Mittelstand"