Die Schallprognosen der Windparkplaner werden nach einem sogenannten „neutralen“ Windprofil  berechnet. Das logarithmische Windprofil liegt aber nur kurzzeitig bei einer neutralen Luft- und Temperaturschichtung vor. Für den Großteil des Tages liegen abweichende Windprofile vor. Aus diesem Grund erfasst kaum eine Schallprognose eines Windparks die realen Gegebenheiten.

Durch Wind- und Witterungsverhältnisse können die Schallpegel bis zu 30 db schwanken, was bei einer Erhöhung eine Verdreifachung der wahrnehmbaren Lautstärke bedeutet[1]. Auch entstehen durch  Reflexionen an Gebäuden, Berg und Hügelflanken Interferenzphänomene, die zu Resonanzen und Schwebungen, zu einem An- und Abschwellen der Lautstärke führen[2]. Diese Resonanzen und Schwebungen treten ebenfalls auf, wenn Anlagen nebeneinander stehen oder in Windparks zusammengefasst sind. Auch mehrere Windparks im Umkreis beeinflussen sich in der Geräuschentwicklung.

Weitere Schallquellen, wie Straßen, Landwirtschaftliche Betriebe, Fluglärm und Gewerbebetriebe vor Ort leisten einen Schalleintrag in die Umgebung. Dieser wird meist unterschätzt. Dadurch kann es leicht zu einer Überschreitung der Grenzwerte kommen.

An einem Bildbeispiel aus dem Kreis Göppingen, wird die Ahnungslosigkeit der Gemeinden deutlich:

Baugebiet

Fotomontage BI-Stauferland

Hier wird ein Baugebiet erschlossen, 750 - 800 m entfernt von geplanten Vorranggebieten der Region Stuttgart. Die Montage zeigt die Rotoren im Hintergrund. Stellt man sich vor, dass jeder Rotor bei Volllast so laut ist, wie ein Raupenbagger, z.B.: 106 dBA bei einer Enercon E-101 mit 135 m Nabenhöhe, dann kann man sich ein Bild machen über den Lärmpegel bei Nacht. Konflikte sind damit vorprogrammiert.

In den offiziellen Datenblättern sind die Schalltechnischen Kennwerte oft nicht enthalten. Diese erfährt man beim Hersteller oder über weitere Recherchen. Für die Enercon E-101 wird mit einem  Kennwert von 99 - 106 dBA für unterschiedliche Windgeschwindigkeiten gerechnet.

Zudem ist in Betracht zu ziehen, dass während der Bauphase mit einem erheblichen Schalleintrag zu rechnen ist:

Schallemissionen der eingesetzten Geräte während des Baus der Windkraftanlage (WKA):

Art Schallquelle LWA,eq / LWA,max
Transport pro WKA 1 Lkw/h 105 / 110
Kabelverlegung pro WKA 1 Bagger 105 / 110
WKA-Standort Bagger 105 / 110
WKA-Standort Betonrüttler 105 / 105
WKA-Standort Kran 95 / 95
Verladung Erde und Schotter in Lkw 95 / 120

LWA,eq. = A-Bewerteter Schallleistungspegel des energieäquivalenten Betriebsgeräusches in dB für den mittleren Arbeitszyklus von 8 Stunden

LWA,max. = A-Bewerteter Schallleistungspegel der Betriebsgeräuschspitzen in dB

Auch ist zu bedenken, dass zum Bau eines größeren Windparks eine durchschnittliche Transportfrequenz von 4 bis 5 LKW-Fahrten pro Stunde notwendig sind.

Wie sich Schall aus unterschiedlichen Quellen ausbreitet und zu welchen Verdichtungen und Interferenzen dies führt, kann an der Wellenausbreitung in einem ruhigen Wasserbecken oder Teich  ausprobiert werden.

Einer-werfe-den-Stein

Die Beobachtungen sind auf die Schallausbreitung von Windkraftanlagen übertragbar. Aufgrund der Interferenzproblematik und der Verstärkung oder Auslöschung von Schallwellen kann es vorkommen, dass ihr Nachbar belästigt ist und Sie nicht, oder auch umgekehrt. Diese Auswirkung ist dann auch noch wetterabhängig.

Auch innerhalb von Gebäuden treten, wie beim Klangkörper von Musikinstrumenten, Interferenz- und Resonanzphänomene auf. Besonders gefährdet sind die häufig im Außenbereich verwendeten Ständerkonstruktionen aus Holz oder Stahl mit elastischer Außenhaut. Dies können Ställe sein oder ältere Gebäude in Holzständerbauweise.

In den Innenräumen treten oft stehende Wellen auf, die ein Verändern der Lautstärke im Raum zur Folge haben. Hierzu gibt es jedoch kaum Studien, wobei Computersimulationen mit den gängigen Simulationsprogrammen durchaus ein Ergebnis zeigen könnten. Bei Belästigung hier Recht zu bekommen, ist nur mit aufwändigen und teuren Gutachten möglich.

Eine weitere Problematik, die nirgends in Verordnungen oder Gesetzen berücksichtigt wird, birgt die Tonalität von Schall. Dies sind einzelne Frequenzen, die aus dem Grundgeräusch hervortreten. Decken sich diese mit der eigenen Stimme, kommt es zu Resonanzen im Körper. Diese sind dann für die betroffene Person spürbar. Von dieser Erfahrung berichten mehrere Mitglieder der Bürgerinitiative Stauferland. Dies konnte bei eigenen Messungen bestätigt werden.

Manche Besucher von Windparks berichten, dass die Anlagen kaum zu hören wären. Dies mag subjektiv richtig sein. Man muss allerdings dabei bedenken, unter welchen Bedingungen die  Beobachtungen gemacht wurden. Tagsüber wird das Geräusch von näheren und lauteren Lärmquellen überdeckt. Man ist mit dem Auto angefahren, der nahe Verkehr rauscht, es wird gesprochen, der  Kiesweg knirscht, die Jacke raschelt. Auch wird man einen Besuch einer solchen Anlage nicht bei  starkem Wind machen.

Um die eigene Lärmempfindlichkeit zu testen, bietet sich folgender Selbstversuch an:

laut-leise

Nehmen Sie einen Radiowecker, trimmen die Lautstärke tagsüber auf einen für Sie angenehmen Wert, so wie Sie denken, geweckt werden zu wollen. Dann stellen Sie die Weckzeit, damit Sie mitten in der Nacht, so gegen 3:00 Uhr, geweckt werden. Sie werden bemerken, dass Sie aus dem Schlaf gerissen werden und die Lautstärke als unangenehm empfinden.  Wenn Sie jetzt herunterregeln und den Wecker tagsüber einschalten, werden Sie wiederum erstaunen, wie leise er ist. Die Empfindung ist also stark von den Gegebenheiten abhängig und kann bis zum doppelten oder sogar dreifachen Lautstärkeempfinden variieren. Dies macht die Einschätzung des Lärms einer Windkraftanlage so problematisch.

In einem Beitrag von 2015 im Spiegel-TV wurde noch offener berichtet. Inzwischen sind solche Beiträge selten. Link

Auswirkungen von periodischem Lärm auf den Menschen hat Prof. Dr. Rainer Mausfeld, Uni Kiel, Dept. Psychologie, beschrieben: Link

Ein Interessanter Vortrag von Dr. Eckard Kuck bei Gegenwind Vogelsberg:

Ein weitreichender Schutz der Bevölkerung vor Lärmimmissionen ist im Windenergieerlass von Baden-Württemberg nicht vorgesehen. Es wird den Anlagenplanern sogar ermöglicht, den von der Landesregierung empfohlene Vorsorgeabstand von 700 m zu unterschreiten. Zitat: "Wenn keine bauleitplanerischen Festlegungen zur Steuerung der Windenergienutzung  vorliegen, hat der Antragsteller die Möglichkeit, im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nachzuweisen, dass die von ihm beantragte Windenergieanlage die  Immissionsrichtwerte der TA Lärm auch bei geringeren Abständen einhält. Durch diesen Nachweis wird die Anlage möglicherweise außerhalb des im Regionalplan festgelegten  Vorranggebiets errichtet."

[1]     http://de.wikipedia.org/wiki/Schallausbreitung

[2]     http://www.fairaudio.de/hifi-lexikon-begriffe/interferenz.html